Prof. Dr. Heiner Keupp: Architekt seiner selbst. Der Mensch in der Postmoderne. 29. Juni 2009.

Worum es geht:
Die traditionsbestimmte Gesellschaft, die wir hinter uns gelassen haben, hat den Menschen kaum veränderbare Grundrisse ihres Lebensgehäuses vorgegeben. Die Postmoderne hat sich davon verabschiedet und bietet uns Bilder an, die uns als Konstrukteure und Baumeister unser eigenen Identitätsbehausungen zeigen. Architekt und Baumeister des eigenen Lebensgehäuses zu werden, ist allerdings für uns nicht nur Kür, sondern zunehmend Pflicht in einer grundlegend veränderten Gesellschaft. Es hat sich ein tiefgreifender Wandel von geschlossenen und verbindlichen zu offenen und zu gestaltenden sozialen Systemen vollzogen. Nur noch in Restbeständen existieren Lebenswelten mit geschlossener weltanschaulich-religiöser Sinngebung, klaren Autoritätsverhältnissen und Pflichtkatalogen. Die Möglichkeitsräume haben sich in einer pluralistischen Gesellschaft explosiv erweitert. In diesem Prozess stecken enorme Chancen und Freiheiten, aber auch zunehmende Gefühle des Kontrollverlustes und wachsende Risiken des Misslingens. Notwendig ist es, das „Handwerk der Freiheit“ zu lernen, das ohne Zugang zu materiellen, psychischen, sozialen und symbolischen Ressourcen nicht gelingen kann.

Zum Referenten:
Heiner Keupp, Jahrgang 1943, Studium der Psychologie und Soziologie in Frankfurt am Main, Erlangen und München. Diplom, Promotion und Habilitation in Psychologie, ist seit 1978 Professor für Sozial- und Gemeindepsychologie an der Universität München. Gastprofessuren an den Universitäten in Innsbruck und Bozen. Arbeitsinteressen beziehen sich auf soziale Netzwerke, gemeindenahe Versorgung, Gesundheitsförderung, Jugendforschung, individuelle und kollektive Identitäten in der Reflexiven Moderne und Bürgerschaftliches Engagement. Aktuell Vorsitzender der Kommission für den Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung. Letzte Buchveröffentlichungen: Psychosoziales Handeln im gesellschaftlichen Umbruch (1987); Soziale Netzwerke (1987); Riskante Chancen (1988); Verunsicherungen (1989); Zugänge zum Subjekt (1993), Psychologisches Handeln in der Risikogesellschaft (1994), Identitätsarbeit heute (1997) und Ermutigung zum aufrechten Gang (1997); Der Mensch als soziales Wesen (1998); Eine Gesellschaft der Ichlinge – Zum gesellschaftlichen Engagement Heranwachsender (2000); Grundkurs Psychologie (2001); Identitätskonstruktionen – Das Patchwork der Identitäten in der Spätmoderne (2006); Subjektkonzeptionen im Diskurs (2006).

Interview mit Prof. Keupp in der Landshuter Zeitung

Schreibe einen Kommentar